Höhere Qualität und messbaren Erfolg sicherstellen

Dr. Engelbert Günster ist seit 30.1.2023 Vorsitzender des SWR-Rundfunkrats. Mit seinem Amtsantritt wurde er zugleich neuer GVK-Vorsitzender. Wie er die Doppelaufgabe meistert und welche Aufgaben er für die ARD-Gremien sieht, beantwortet er in einem Kurz-Interview.

1. Wie schaffen Sie es, zwei neue Ämter (Vorsitz SWR-RR und GVK) gleichzeitig auszufüllen und welche Einblicke und Erfahrungen konnten Sie bereits sammeln?

Seit 2015 gehöre ich dem Rundfunkrat des SWR an und konnte als „Mann der Wirtschaft“ den SWR als Einrichtung mit breitem gesellschaftlichem Auftrag kennenlernen und mit dem geschärften Blick als Führungskraft der Industrie auf das Wirtschaftsunternehmen SWR schauen. Damit „gerüstet“ gehe ich demütig an die Doppelaufgabe heran. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt steht vor großen Veränderungen. Es gilt einer Glaubwürdigkeitskrise durch Fehlverhalten zu begegnen und eine tiefgreifende digitale Transformation anzupacken. Dabei muss das gesellschaftliche Mandat neu geschärft und die wirtschaftliche Unternehmensführung sichergestellt werden. Das Doppelamt erlaubt den Blick auf große Ganze und Impulse zu setzen für eine verstärkte arbeitsteilige Kooperation und eine effiziente Bündelung von Kompetenzen in der ARD-Familie. Beim anstehenden Reformprozess muss allerdings journalistisch-redaktionelle Qualität ebenso im Zentrum stehen wie Reflexion des Angebots auf alle Gruppen der Gesellschaft und Diskurs und Meinungsvielfalt. Diesen vielgestaltigen Prozess zu moderieren, ist ein stattliches Paket für ein Ehrenamt. Konsens mit erfahrenen GVK-Mitgliedern und Unterstützung durchs Gremienbüro helfen dabei, es zu schaffen.

2. Wie wird die künftig stärkere Verantwortung der Gremien für die Qualitätssicherung spürbar werden?

Mit dem 3. Medienänderungsstaatsvertrag überträgt uns der Gesetzgeber die „Festsetzung inhaltlicher und formaler Qualitätsstandards…“ und erwartet einen „Dialog mit der Bevölkerung, insbesondere über Qualität, Leistung und Fortentwicklung des Angebots“. Schon jetzt liegt der Schwerpunkt der Arbeit der Programmausschüsse und im Rundfunkrat bei der Programmbeobachtung und Programmkritik. Darauf aufsetzend müssen wir in Zukunft noch sachkundiger beaufsichtigen – und zwar nachlaufend (Programmbewertung und -kritik) und vorausschauend (Programmplanung). Dazu hat die GVK erfahrene Experten beauftragt, Richtlinie und Leitfaden zu erarbeiten. Der Vorschlag wird nach Beschluss in den Rundfunkräten bzw. im ARD-Programmbeirat ab Ende des Jahres mit begleitendem Training für alle Mitglieder zielgerichtet eingeführt. Dies wird dazu dienen, Qualitätsbewertungen noch fundierter, praktikabler und nachvollziehbarer durchzuführen und eine konstruktive öffentliche Diskussion über Inhalte und Qualität der öffentlich-rechtlichen Angebote für alle Programmnutzer zu ermöglichen.

3. Welche Rolle haben die Gremien bei einer Reform der ARD?

Alle strukturellen, organisatorischen und finanziellen Maßnahmen der Reform müssen auf gesteigerte Qualität und messbaren Erfolg des Programms ausgerichtet sein. Die Rundfunk- und Verwaltungsräte erwarten eine rasche Programminitiative besonders in den Genres „Information“ und „Unterhaltung“. Den Fokus werden wir als Gremien darauf richten, dass die Modernisierung der ARD in einem strukturierten und agilen Prozess geplant und durchgeführt wird. Er muss mit dem Programm starten, die Kreativität der Mitarbeiter mitnehmen, den Wert der Selbstverwaltung in föderaler Struktur respektieren, den Rat von Experten berücksichtigen und das Erreichen aller Nutzerinnen und Nutzer als Kernaufgabe annehmen. Wir werden als Gremien diesen Prozess und die mit definierten Zeitplänen formulierten Modernisierungspakete und deren Zielerreichung konstruktiv begleiten – mit drei zentralen Forderungen im Mittelpunkt: Compliance und entsprechende Transparenz etablieren, dem durch den Medienänderungsstaatsvertrag präzisierten gesellschaftlichen Auftrag gerecht werden und wirtschaftliche Unternehmensführung sicherstellen.

19.4.2023