ARD-Krise: „Es gab Fehleinschätzungen und Fehlverhalten”

Engelbert Günster bringt in die Debatte um notwendige Strukturreformen in der ARD  unternehmerische Erfahrung ein.
© SWR/Patricia Neligan

Der SWR-Rundfunkratsvorsitzende Engelbert Günster koordiniert die Gremien aller ARD-Sender. Und erklärt, was er sich unter Programmreform und Gebührenstabilität vorstellt.

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Herr Günster, was sind Sie für ein Fernsehzuschauer?

Ich bin ein moderater Fernsehkonsument und ein leidenschaftlicher Hörfunk-Fan. Natürlich nutze ich auch die Mediatheken und auch diverse Infokanäle der Öffentlich-Rechtlichen inklusive einiger sehr informativer Podcats.

Folgen Sie auch den ARD-Angeboten auf TikTok, Instagram und Youtube?

Seltener. 

Das Durchschnittsalter der Gremien passt zum Durchschnittsalter derjenigen, die den Programmen von ARD und ZDF folgen. Sind U30 und U40 in den Rundfunkräten nicht arg unterrepräsentiert? 

Ja, leider. Ich bin jetzt seit sieben Jahren dabei. Inzwischen sind im Rundfunkrat des SWR zwar ein paar deutlich Jüngere dazu gekommen. Die Gremienmitgliedschaft ist für Berufstätige im Ehrenamt allerdings sehr aufwändig geworden. Das ist ein Dilemma.

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Sie übernehmen den Rundfunkratsvorsitz im SWR und den Vorsitz der Runde aller Gremienvorsitzenden in der ARD zu einer Zeit, in der der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch nie so unter Druck stand. Wo sehen Sie - auch als jemand, der aus der Wirtschaft kommt - die Ursachen dafür?

Das sind zwei größere Komplexe, bei denen ich nach Fehleinschätzung und Fehlverhalten unterscheide. Als Fehleinschätzung bewerte ich, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von der Durchschlagskraft der Unterhaltungsangebote und der finanziellen Potenz der Streamingdienste wie Amazon und Netflix überrollt wurden. Wir haben auch nicht gesehen, wie schnell gerade bei jungen Leuten die Nutzung von ARD und ZDF wegbricht. Das ist als Weckruf Gott sei Dank angekommen. Dazu ist eklatantes Fehlverhalten gekommen - vor allem beim RBB. Das hat das Vertrauen in die Öffentlich-Rechtlichen massiv erschüttert.

Wie wollen Sie den Reformprozess der ARD-Anstalten begleiten: Als strenger Kontrolleur oder als ihr wehrhafter Verteidiger gegen Frontal-Angriffe?

Ein bisschen vom beidem. Ich werde mich natürlich gegen die stellen, denen öffentlich-rechtliche Qualitätsprogramme ein Dorn im Auge sind. Das geht aber nur, wenn wir energisch gegen unsere Schwächen arbeiten. Beim SWR haben wir schon ganz gute Compliance-Richtlinien gegen Fehlverhalten. Die müssen wir nichtsdestotrotz schärfen und ARD-weit gleiche und transparente Standards einführen. Dazu gibt es ja schon ein paar Festlegungen: Einen Compliance-Beauftragten, einen Ombudsmann und die stärkere Verzahnung von Rundfunk- und Verwaltungsräten, die ihre Begleitung des Programms einerseits und der Finanzplanung andererseits nicht gegeneinander abgrenzen sollten. 

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In der Vergangenheit scheint der Versuch der Gremien, Kontrolle und Rückendeckung in Einklang zu bringen, nicht gut gelungen zu sein. Beim RBB haben auch die Gremien versagt. Woanders haben sie den Intendanten auch nicht gerade ihre Krallen gezeigt.

Das kann ich nur für den SWR und für mich beantworten. Sie dürfen versichert sein, dass wir im Rundfunkrat immer auch kritisch zu Budgets nachgefragt haben. Verwaltungsrat und Rundfunkrat haben den Intendanten und auch den Verwaltungsdirektoren schon auch mal die Krallen gezeigt, um in Ihrem Bild zu bleiben.  

Was sind die entscheidenden Punkte, die sich ändern müssen, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht selbst sein Ansehen beschädigt?

Es ist wichtig, dass wir aus der Defensive kommen und alle notwendigen Schlüsse aus dem Fehlverhalten ziehen. Glaubwürdigkeit, Qualität und Offenheit sind die Währung, mit der wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder nach vorne bringen müssen. Im Programm geht es darum, vier übergeordnete Ziele umzusetzen: Den gesellschaftlichen Zusammenhalt befördern, der alle einschließt. Einen offenen, breiten demokratischen Diskurs pflegen, der sich nicht nur am Common Sense orientiert. Der entschiedene Kampf gegen Desinformation. Und die Schärfung unseres gesellschaftlichen Auftrags.

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Das Profil zu schärfen, bedeutet auch weglassen, nicht an allem festhalten?

Wenn ARD und ZDF das ehrgeizige Ziel verfolgen, in ein paar Jahren der prägnanteste und relevanteste Streamer zu werden, dann muss bei klassischen Aufgaben gestrafft werden. Ich will drei Punkte nennen, an denen bei der ARD jetzt gearbeitet wird. Erstens: Die Bildung von Kompetenzfeldern wie Klima, Gesundheit, Verbraucherschutz und auch Hörspiel, wo einzelne Anstalten die Federführung übernehmen und andere sich einbringen können. Zweitens: Der Medienänderungsstaatsvertrag, der im Juli in Kraft tritt, sieht vor, dass die Videokanäle unter die Lupe genommen werden. Konkret heißt das für mich, dass man zwei zu einem zusammenschließen kann. Und drittens: Wir wollen die Hörfunkwellen in den neun ARD-Anstalten merklich straffen, ohne die Regionalität zu tangieren.

Wenn in Zukunft nicht alles x-fach entwickelt und gemacht werden soll: Werden die Gremien in diesem Konzentrationsprozess nicht doch ihre Standortbrille aufziehen und den Prozess ausbremsen?

Das ist in der Tat ein dickes Brett, das wir zu bohren haben. In der ersten Gemeinschaftssitzung, die ich gerade leiten durfte, haben wir dieses Thema angesprochen. Alle sehen diese Herausforderung, die wir nur anstaltsübergreifend und in Teamarbeit lösen können. Klar ist aber, dass Einkauf, Produktion, gemeinsame Verwaltungssoftware und andere Dinge nach gemeinsamen Lösungen schreien, die Mittel für Programmaufgaben freisetzen können. SWR, HR und Bayerischer Rundfunk arbeiten zum Beispiel schon in der sogenannten Produktionsschiene Süd zusammen. Da müssen wir weiterkommen. 

Selbst aus den Landesregierungen hört man inzwischen, dass die Intendanten und Direktoren zu gut bezahlt würden beziehungsweise viel zu üppige Pensionsansprüche hätten. Die Intendanten verweisen dann immer auf die Gremien, die sie alimentierten. 

Die Intendanten sind Topmanager großer Unternehmen, die wirtschaftlich geführt werden müssen. Sie müssen viel Erfahrung mitbringen in Personalführung und Programmentwicklung. Anders als in Wirtschaftsunternehmen müssen sie allerdings nicht um ihre Einnahmen kämpfen. Der Frage, ob man das stärker in öffentliche Besoldungssysteme einbindet, will ich nicht vorgreifen, bevor wir nicht modifizierte politische Vorgaben dazu anstaltsübergreifend debattiert haben. 

Die Ministerpräsidenten geben auf einmal den Takt vor und fordern Gebührenstabilität über 2025 hinaus? Ist das ZDF für Sie außen vor?

Nein, das ZDF ist da natürlich nicht außen vor. Es gibt dafür aber einen rechtlich abgesicherten Prozess, den die Länder als Auftraggeber der unabhängigen KEF (Kommission zur Entwicklung des Finanzbedarfs) übertragen haben. Alle Anstalten melden da ihre Bedarfe an und wären gut beraten, mit den bewilligten Mitteln zurechtzukommen und nicht wieder zum Bundesverfassungsgericht zu laufen. Dazu gehört nach meinem Verständnis, dass die Haushälter der Anstalten bei ihren mittelfristigen Planungen auch mal mit alternativen Szenarien arbeiten, die nicht immer nur nach oben zeigen. Wenn wir Gebührenstabilität über die laufende Beitragsperiode bis 2025 hinaus wollen, müssen die Ministerpräsidenten das definieren.

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Erlauben Sie eine Frage in eigener Sache? Die ARD-Sender – der HR und der SWR vorne dran – neigen dazu, ihre Onlineangebote immer stärker auf die lokale Ebene herunterzubrechen und mit ihren Textangeboten die Abgrenzung zu den Zeitungsangeboten zu verwischen. Wie nehmen Sie das als Vertreter der Wirtschaft wahr? 

Die öffentlich-rechtlichen Sender und die privatwirtschaftlichen Medienhäuser haben unterschiedliche Rollen und Aufträge, die für mich gleich wichtig sind. Ich bin selbst begeisterter Zeitungsleser. Das hebt natürlich noch nicht den Konflikt um das Thema Presseähnlichkeit in den Onlineangeboten auf. Ich plädiere dafür, die Schützengräben zu verlassen und von beiden Seiten aus einen regelmäßigen Austausch zu pflegen. 

Nochmal zurück zu den Gremien, die angeblich die gesellschaftlichen Gruppen repräsentieren: Wie weit ist es mit der Parteiferne her, solange sich die Gremien in roten und schwarzen Freundeskreisen organisieren? 

Ich kann an dieser Stelle nur für den SWR sprechen. In den Staatsverträgen ist haarklein geregelt, wie viele Gremienvertreter aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kommen müssen, wie viele Mitglieder gesellschaftliche Gruppen wie die Kirchen, Gewerkschaften, der Sport oder die Jugendverbände stellen können. 

Das sagt doch nichts darüber aus, dass sich auch die Vertreter dieser gesellschaftlichen Gruppen willfährig in parteinahe Fraktionsbildungen einbinden lassen. 

Die Freundeskreise existieren - übrigens auch die sogenannten grauen - und sie tragen zur Willensbildung bei. Ich selbst bin keiner Partei angehörig und werde mit großem Engagement darauf achten, dass wir parteifern agieren.