Wer kontrolliert die Gemeinschaftsangebote ARD Mediathek und das Erste?

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 04.07.2023 hat Gerhart Baum, stellvertretendes Mitglied des WDR-Rundfunkrats, gefragt, wer die ARD Mediathek und wer die ARD-Programmdirektorin kontrolliert. Weil dadurch der falsche Eindruck entstehen kann, es bestünde hier ein Kontrolldefizit, soll dieser Beitrag erklären, wie sich das tatsächliche bestehende Kontrollgefüge für die ARD Mediathek und das Erste - und damit verbunden auch für die dafür zuständige ARD-Programmdirektorin - darstellt.

Die ARD Mediathek wird federführend vom SWR-Rundfunkrat kontrolliert. Im föderalen Verbund der ARD wurde dieses Gemeinschaftsangebot in einem aufwendigen Dreistufentest-Verfahren (bei dem Bürgerinnen und Bürger sowie potentiell betroffene private Mitbewerber Stellung nehmen konnten) vom SWR-Rundfunkrat unter Mitwirkung der Rundfunkräte aller Landesrundfunkanstalten (LRA) auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen für das Online-Angebot überprüft und anschließend vom SWR-Rundfunkrat genehmigt. Die Einhaltung des zugrundeliegenden Telemedienkonzepts wird seither laufend überprüft. Die Qualität der Mediathek und des dort angebotenen Contents wird zudem arbeitsteilig vom ARD-Programmbeirat, dem Telemedienausschuss der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) und vor allem den Rundfunkräten der für einen Beitrag redaktionell zuständigen Landesrundfunkanstalten nachträglich überwacht. In den einschlägigen staatsvertraglichen und LRA-Gesetzen ist jeweils auch ein Beschwerderecht für Bürgerinnen und Bürger vorgesehen.

Das gilt auch für das Erste Deutsche Fernsehen. Im Vorfeld größerer programmlicher Vorhaben, die ein bestimmtes Kostenvolumen überschreiten, muss – so ist es gesetzlich vorgesehen – die Zustimmung der Rundfunkräte eingeholt werden. 2019 hat der WDR-Rundfunkrat bspw. seine Zustimmung zur Realisierung eines Vorhabens verweigert.

Über dies gilt Folgendes: Der ARD-Programmbeirat (eine Art Programmausschuss der neun Rundfunkräte der Landesrundfunkanstalten, die jeweils ein Mitglied und eine Stellvertretung entsenden) tagt überdies monatlich und berät die ARD-Programmdirektorin und die Konferenz der Intendantinnen und Intendanten bzw. der Programmdirektorinnen und -direktoren (VPK). In den Sitzungen der Vorsitzenden der Rundfunk- und Verwaltungsräte der ARD-Anstalten, der GVK, mit der sich die Intendantenrunde bei der Berufung einer ARD-Programmdirektorin bzw. eines -direktors ins Benehmen zu setzen hat, muss die ARD-Programmdirektorin regelmäßig ihre Strategie zur Aussprache stellen und Rechenschaft ablegen.

Im Rahmen der alle zwei Jahre vorzulegenden ARD-Selbstverpflichtung muss sie als Programmdirektorin darlegen, mit welcher Programmqualität und -quantität der öffentlich-rechtliche Programmauftrag erfüllt werden soll; im Rückblick wird dies inzwischen anhand klar definierter Erfolgsindikatoren überprüft.

Derzeit erarbeiten die Rundfunkräte gemäß einer neuen Vorgabe im seit 1.7.2023 geltenden Medienstaatsvertrag eine Qualitätsrichtlinie (vgl. § 31 (4) MÄStV), die für alle gemeinsamen Angebote der ARD-Anstalten gelten soll, für die die ARD-Programmdirektorin im Auftrag der Intendantenrunde zuständig ist. Diese Richtlinie muss, so sieht es der Normgeber vor, auch beschreiben, wie die Einhaltung von formalen und inhaltlichen Qualitätsstandards überwacht werden soll.

Sollte in dieser Kontrolldichte sozusagen der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen werden, so dass strukturelle Defizite der unter dem Wirken der ARD-Programmdirektorin vorgenommenen Zusammenstellung und Darbietung des ARD-Gesamtangebots eventuell nicht schnell genug erkannt werden, dann würde dies künftig noch schneller bemerkt und für Abhilfe gesorgt werden können.

12.7.2023