Die neue Verantwortung der Rundfunkräte

Mit dem neuen Medienstaatsvertrag sind die Rundfunkräte beauftragt, Richtlinien für die Qualität der Angebote zu erstellen. Dr. Engelbert Günster, Vorsitzender der GVK, ordnet die Aufgabe ein und erklärt, wie die Rundfunkräte ihr gerecht werden wollen.

Zur Aufgabe der Rundfunkräte gehört es, die Belange der Allgemeinheit mit Blick auf die Angebote der ARD zu vertreten. Sie tun dies im Vorfeld beratend, in dem sie mit den Intendantinnen und Intendanten der Landesrundfunkanstalten, bzw. deren Programmdirektorinnen und -direktoren sowie der ARD-Programmdirektorin in einen Austausch zu den Inhalten gehen, die gesendet bzw. verbreitet werden und letztlich von den Intendantinnen und Intendanten zu verantworten sind. Im Nachlauf überwachen die Rundfunkräte, ob die gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien zum Programm eingehalten wurden, z.B. in dem sie aus eigener Initiative einzelne (lineare und nichtlineare) Angebote oder Beiträge analysieren, diskutieren und bewerten. Des Weiteren befassen sie sich mit Beschwerden, in denen Bürgerinnen und Bürger vortragen, warum aus ihrer Sicht den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen worden ist.

Mit dem neuen Medienstaatsvertrag, der am 1. Juli 2023 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber die Rolle der Rundfunkräte in Programmangelegenheiten nun noch einmal deutlich gestärkt: Zu den Aufgaben der Rundfunkräte gehört es jetzt, Richtlinien zur Qualität der Angebote und ihrer Prüfung aufzustellen. Konkret heißt es im Staatsvertrag, dass „inhaltliche und formale Qualitätsstandards und standardisierte Prozesse zur deren Überprüfung“ (vgl. § 31 Abs. 4 MStV) definiert werden müssen.

Doch was verbirgt sich hinter dem Amtsdeutsch und wie setzen die Rundfunkräte der ARD ihre neue Aufgabe um?

Konkret bedeutet die Vorgabe aus Sicht der GVK, dass in einer Richtlinie zu beschreiben ist, woran festgemacht werden soll, ob die Angebote der ARD den Erwartungen entsprechen, die an sie zu richten sind. Maßgeblich ist dafür der sogenannte Auftrag, der in § 26 MStV ausführlich beschrieben wird. Man könnte hier auch von übergeordneten Zielvorgaben sprechen. Eine dieser Zielvorgaben lautet beispielsweise, dass ARD-Angebote die freie Meinungsbildung im Land fördern sollen. Dies kann aber mehr oder weniger gut gelingen – das zeigt nicht zuletzt die medial teils leidenschaftlich geführte Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Frage, woran man festmacht, ob und in welchem Grad der Auftrag im Einzelnen und insgesamt erfüllt wurde, ist nicht immer leicht und eindeutig zu beantworten. Aus unserer Warte verfolgt der Gesetzgeber mit der neuen Vorgabe, dass eine Qualitätsrichtlinie zu erlassen ist, den umgekehrten Ansatz. Es sollen Erwartungen an die Beschaffenheit der Angebote, sprich an ihre Qualität, definiert werden, die es wahrscheinlich machen, dass die Zielvorgaben erfüllt werden. Das ermöglicht mehr Transparenz, Orientierung und Überprüfbarkeit.

Die Richtlinie der ARD-Rundfunkräte wird daher systematisch aus den Zielvorgaben in § 26 MStV ableiten, welche Eigenschaften die Angebote der ARD aufweisen müssen. Außerdem wird sie die Architektur der Aufsicht beschreiben, also das Zusammenwirken der Rundfunkräte in der ARD bei der wichtigen Aufgabe der nachlaufenden Programmkontrolle und welcher Instrumente sie sich dabei regelmäßig bedienen. Im Mittelpunkt muss ein angemessenes diskursives Vorgehen der Rundfunkräte stehen, darauf wirkt die GVK hin. Sie müssen sich gelegentlich auch durch quantitative und vor allem auch qualitative Medienforschung unterstützen lassen und sicherstellen, dass sie als Rundfunkräte erfahren, was das Publikum denkt.

Wer näher am Thema interessiert ist, findet voraussichtlich Ende des Jahres in der neuen „Qualitätsrichtlinie der Rundfunkräte der ARD“ hoffentlich konkrete Antworten. Der Plan ist, die Richtlinie in allen neun Rundfunkräten der Landesrundfunkanstalten bis Ende 2023 zu genehmigen und dann zu veröffentlichen. Anschließend beginnt die Phase der Umsetzung. Die GVK plant, die Rundfunkräte mit Schulungen bei ihrer dann regelmäßigen Arbeit mit der Richtlinie zu unterstützen.

2.11.2023