Von EU-Recht bis zur Geschäftsordnung: Gesetzliche Grundlagen der Aufsichtsgremien

Ein Überblick zu den Regelwerken, welche die Arbeit der Rundfunk- und Verwaltungsräte tangieren.

Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, das seit 1949 gilt, wird in Artikel 5 Abs. 1 die Freiheit der Berichterstattung als Grundrecht festgeschrieben. Darin heißt es:

"(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."

Nicht zuletzt aus den Lehren des Nationalsozialismus wurde als Grundrecht anerkannt, dass u. a. Rundfunk ohne Einfluss der Politik verbreitet werden darf. Die Politik ist lediglich für den gesetzlichen Rahmen zuständig.

In der gesamtdeutschen Verfassung ist festgehalten, dass Medienpolitik Aufgabe der Länder ist. Seit 7. November 2020 stellt der Medienstaatsvertrag (MStV) als "Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland" die gesetzliche Grundlage für den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk, in dem auch EU-Recht (Richtlinie 2018/1808) umgesetzt wurde. Die Regelungen umfassen klassische Medien und Telemedien, aber erstmals auch Medienplattformen und -intermediäre. Das Gesetz wurde von der Rundfunkkommission der Länder erarbeitet und in den jeweiligen Landesregierungen beraten und verabschiedet.

Am 1. Juli 2023 ist der dritte Medienänderungsstaatsvertrag (MÄStV) in Kraft getreten, der eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beinhaltet. Zu dessen Auftrag und Strukturoptimierung waren Bürger/-innen sowie Unternehmen, Verbände und Institutionen aufgerufen, sich einzubringen. Auch die ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) hat sich mit einer Stellungnahme am Konsultationsverfahren beteiligt.

Im Ergebnis legt § 26 Abs. 1 des neugefassten Medienstaatsvertrags den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie folgt fest:

(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration, den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie den gesamtgesellschaftlichen Diskurs in Bund und Ländern fördern. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben die Aufgabe, ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten. Bei der Angebotsgestaltung sollen sie dabei die Möglichkeiten nutzen, die ihnen aus der Beitragsfinanzierung erwachsen, und durch eigene Impulse und Perspektiven zur medialen Angebotsvielfalt beitragen. Allen Bevölkerungsgruppen soll die Teilhabe an der Informationsgesellschaft ermöglicht werden. Dabei erfolgt eine angemessene Berücksichtigung aller Altersgruppen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, der Belange von Menschen mit Behinderungen und der Anliegen von Familien. Die öffentlich-rechtlichen Angebote haben der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen. Unterhaltung, die einem öffentlich-rechtlichen Profil entspricht, ist Teil des Auftrags. (...)

Die operative Ausgestaltung des Auftrags, die im Medienverbund der ARD in der Verantwortung der zehn Intendanten/-innen und der ARD-Programmdirektorin liegt, wird von den Rundfunk- und Verwaltungsräten der Rundfunkanstalten sowie vom ARD-Programmbeirat beaufsichtigt.

Mit der staatsvertraglichen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben die politischen Normgeber die Rolle der Aufsichtsgremien gestärkt und ihnen mehr Verantwortung zugewiesen. So heißt es jetzt z. B. in § 31 Abs. 4 und 5 MStV, die ergänzt wurden:

(4) Die Gremien haben die Aufgabe, für die Angebote der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, des ZDF und des Deutschlandradios Richtlinien aufzustellen und die Intendanten in Programmfragen zu beraten. Die Richtlinien umfassen die Festsetzung inhaltlicher und formaler Qualitätsstandards sowie standardisierter Prozesse zu deren Überprüfung; die Richtlinien sind in dem Bericht nach Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichen und regelmäßig zu überprüfen.

(5) Zur besseren Überprüfbarkeit und Kontrolle der Haushalts- und Wirtschaftsführung setzen die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio gemeinsam unter Einbeziehung ihrer zuständigen Gremien und unter Berücksichtigung von Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) Maßstäbe fest, die geeignet sind, die Bewertung der Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie eine vergleichende Kontrolle der Ressourceneffizienz zu ermöglichen.

Teilweise werden die Vorgaben aus dem Medienstaatsvertrag über die ARD-GVK koordiniert, wie in der ARD-Satzung, dem Gründungsdokument der Arbeitsgemeinschaft in seiner Fassung vom 8. April 2014, festgehalten. § 5a Abs. 2 lautet:

(2) Zu den Koordinierungsaufgaben [der GVK] zählen insbesondere die Beratung
  • a) der Haushalts- und Finanzplanung und der Rechnungslegung der GSEA einschließlich der gemeinschaftlichen Beteiligungen,
  • b) der Satzungen, Richtlinien und Berichte gemäß § 11 Abs. 4 RStV,
  • c) der Strukturfragen der von der ARD veranstalteten Programme sowie
  • d) der rundfunkpolitischen Grundsatzfragen.

An der Umsetzung dieser Vorgaben arbeitet die ARD-GVK aktuell in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Rundfunk- und Verwaltungsräten sowie dem ARD-Programmbeirat. Sie wird dabei von externen Sachverständigen unterstützt.

Der vierte Medienänderungsstaatsvertrag, der Anfang 2024 in Kraft treten soll, sieht zudem Neuregelungen für Compliance, Transparenz und Gremienaufsicht vor.

Jede der neun ARD-Anstalten unterliegt zusätzlich einem von der Landesregierung beschlossenen Gesetz bzw. einem von den zuständigen Landesregierungen beschlossenen Staatsvertrag bei Mehrländeranstalten (mdr, NDR, rbb, SWR). Darin werden die Vorgaben aus dem Medienstaatsvertrag konkretisiert und insbesondere festgelegt, wie sich die jeweiligen Aufsichtsgremien zusammensetzen. Jüngst wurde das neue SR-Gesetz verabschiedet, das z. B. die Anzahl der Rundfunkratsmitglieder verkleinert. Auch der rbb-Staatsvertrag wird aktuell neugefasst.

Zudem vergibt sich jede Landesrundfunkanstalt für nähere Regelungen eine eigene Satzung, die Rundfunk- und Verwaltungsräte sollen bzw. müssen ihre eigene Geschäftsordnung beschließen. Mitunter sind darin die Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder für Gremienmitglieder transparent festgehalten. Die ARD-GVK hat ihre Geschäftsordnung z. B. zuletzt bezüglich ihrer ordentlichen Mitglieder und der Beschaffungsordnung angepasst.

Für den Versuch, die unterschiedlichsten Regelwerke zu konsolidieren, erarbeitet die ARD-GVK mit den Intendantinnen und Intendanten aktuell einen gemeinsamen Public Corporate Governance Kodex der ARD als anstalts- und organübergreifende Ordnung. Damit gelten künftig vergleichbare Standards der Aufsicht und Steuerung innerhalb der föderalen ARD und des bestehenden Rechtsrahmens, um eine vergleichbare Qualität und Tiefe von Aufsicht und Steuerung zu gewährleisten. Der Beschluss dazu erfolgte bereits in der GVK-Sitzung am 13./14. September 2022 in Bremen (vgl. Medieninformation vom 25.11.2022).

2.11.2023